Der dtv ist ein deutsches Verlagshaus mit Hauptsitz in München. Er wurde 1960 von 11 Verlegern als gemeinsamer Taschenbuchverlag unter dem Namen "Deutscher Taschenbuch Verlag" gegründet. Ab 1996 verlegte dtv auch Originalausgaben und Erstauflagen. Seit 2012 hat dtv ein eigenes Programm mit Hardcover-Büchern. Im Jahr 2015 erwirtschaftete das Unternehmen mit seinen 125 Mitarbeitern einen Umsatz von 65 Millionen Euro. dtv veröffentlicht jährlich rund 500 neue Bücher. Der Bestand an lieferbaren Titeln und E-Books beträgt rund 7000. Im Juni 2015 wurde aus dem "Deutschen Taschenbuch Verlag" die "dtv Verlagsgesellschaft".
Inhalt
Programm
Der Verlag konzentrierte sich auf Editionen, wie die erste Goethe-Ausgabe im Taschenbuch, Nietzsches Gesamtwerk und das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm.
Zeitgenössische deutsche Literatur wurde unter anderem von Heinrich Böll, Günter Grass, Siegfried Lenz, Uwe Timm, Angelika Schrobsdorff, Erich Loest, Rafael Seligmann, Christian Kracht, Antje Rávic Strubel, Christopher Kloeble, Wolf Wondratschek, Thomas Glavinic, Ulrich Woelk und Judith Zander in das Programm aufgenommen.
Internationale Literatur-Taschenbuchausgaben sind enthalten von Autoren wie Umberto Eco, T. C. Boyle, Michael Ondaatje, Henning Mankell, J. R. R. Tolkien und deutsche Erstausgaben von John Williams, Graham Swift, Eshkol Nevo, Mira und auch Ha Jin. Auch Julia Franck, Maxim Biller, Javier Marías, Milan Kundera, Andreas Kollender und António Lobo Antunes waren über mehrere Jahre mit mehreren Titeln im Programm.
Das Sachbuchprogramm mit Publikationen zu gesellschaftlichen, literarischen, kulturgeschichtlichen und politischen Themen, Ratgebern und Nachschlagewerken umfasst Autoren wie Daniel Goleman, Marcel Reich-Ranicki, Ian Kershaw, Wolfgang Benz, Verena Kast, Hildegard Hamm-Brücher und Marianne Koch. Auch mehrfarbige Bücher, darunter André Hellers Bilderleben, erscheinen in dtv.
In dtv premium erscheinen seit 1996 Taschenbuch-Originale und Erstausgaben aus den Bereichen Belletristik und Sachbuch in größeren Formaten. 2012 startete dtv hardcover mit dem Roman Hannes von Rita Falk und dem Thriller Verachtung von Jussi Adler-Olsen. 2014 wurde das Label dtvDIGITAL gegründet, um die E-Book-Verlagsaktivitäten zu bündeln.
Im Gründungsjahr erschien die erste Buchreihe dtv documente, in der als erster Band Das Urteil von Nürnberg 1946 erschienen ist. Die Reihe enthält Dokumente aus authentischen Texten zu Themen der Geschichts- und Zeitgeschichte, aber auch der Kunst-, Literatur- und Geistesgeschichte. In den sechziger Jahren entstanden weitere Reihen wie dtv sachbuch, dtv kunst undWissenschaftliche Reihe (später 1979 dtv wissenschaft). Es erschienen Gesamtausgaben von Schriftstellern wie Goethe, Friedrich Schiller oder Büchner. 1975 kamen die sogenannten Dünndruck-Ausgaben hinzu. Durch die Verwendung von Dünndruckpapier konnten auch umfangreichere Werke wie Grimmelshausens Simplicissimus oder Romane von Dostojewski veröffentlicht werden.
Bis heute sind einige wenige Ausgaben aus den Anfangsjahren erhalten geblieben, darunter die 1973 gestartete Reihe dtv zweisprachig und die 1977 etablierte dtv großdruck. dtv großdruck enthält eine Auswahl von dtv-Titeln im Volltext und in der augenfreundlichen Schriftart "Garamond 12 Punkt", die sich vor allem an ältere und sehbehinderte Menschen richten. Darüber hinaus hat sich die Reihe der Nachschlagewerke und Atlanten aus den frühen sechziger Jahren bis heute gehalten und bildet einen wichtigen Bereich im Verlagsprogramm.
Nachschlagewerke
Bereits 1964 erschien das erfolgreichste Buch des dtv überhaupt; der dtv-Atlas zur Weltgeschichte von Hilgemann und Kinder. Weitere Bände der Buchreihe Dtv-Atlas, unter anderem zur Biologie, Astronomie, Atomphysik, Baukunst und Musik, folgten. 1980 konzipierte der Verlag in Zusammenarbeit mit Georg Westermann in Braunschweig den Taschenatlas der Welt, womit dtv erstmals die Herausgabe eines „richtigen“ Atlas gelang. Neben Atlanten publiziert das Haus Spezial-Wörterbücher und -Lexika. Häufig werden Lizenzen etablierter Verlage erworben, wodurch u. a. die Reihe dtv-Lexikon entstand. Die Serie wurde auf der Grundlage der Brockhaus Enzyklopädie entworfen.
dtv junior
Das Kinder- und Jugendbuchprogramm gliedert sich in die beiden Bereiche dtv junior und dtv Reihe Hanser. dtv junior startete im Frühjahr 1971 mit zehn Bänden. Gründerin und bis 1990 Leiterin war Maria Friedrich, heute wird der Verlagsbereich von Susanne Stark geleitet. dtv junior bietet Lektüre für alle Altersklassen, vom Lesebär für Erstleser bis zu dtv pocket für Jugendliche und junge Erwachsene. Autoren wie David Almond, Josef Guggenmos, Astrid Lindgren, Dagmar Geisler, Tilde Michels, Margaret Peterson Haddix, Hans Dieter Stöver, J. R. R. Tolkien, Renate Welsh, Erwin Grosche, Hans Peter Richter und Evan Kuhlman sind vertreten.
Reihe Hanser
Seit 1999 ergänzt die dtv Reihe Hanser das Kinder- und Jugendbuchprogramm. Sie bietet Bücher des Kinderbuchprogramms des Carl Hanser Verlags sowie eigene Erstausgaben. Erster Band war die Taschenbuchausgabe von Jostein Gaarders Bestseller Sofies Welt. Weitere dtv Reihe Hanser-Autoren sind u. a. Rafik Schami, David Grossman, Franz Hohler, Louis Sachar, Mats Wahl, Elke Heidenreich und Gerhard Staguhn.
Beck-Texte
In der Reihe der Beck-Texte erscheinen gebundene Ausgaben zahlreicher ansonsten vor allem in Loseblattsammlungen wie Schönfelder und Sartorius erhältlichen Gesetzestexte. Um den zahlreichen Gesetzesänderungen Rechnung zu tragen, erscheinen vielfach jährlich, teilweise auch häufiger aktualisierte Neuauflagen.
Geschichte
Die Gründung des Verlags erfolgte durch die Initiative des Verlegers Joseph Caspar Witsch, der zehn andere Verlage davon überzeugte, gemeinsam Taschenbücher zu veröffentlichen. Der Zusammenschluss war zunächst eine Gesellschaft zur Verwertung von Verlagsrechten. Sie sollte nur die Bücher der angeschlossenen Verlage verlegen. Am 30. November 1960 wurde die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen; kommissarischer Geschäftsführer war Curt Vinz. Am 15. Januar 1961 nahm der Verlag offiziell seine Tätigkeit auf und wurde von Heinz Friedrich geleitet. Friedrich war der Programmdirektor von Radio Bremen. Von 1956 bis 1959 war Friedrich Chefredakteur des S. Fischer Verlags gewesen. Bald kamen Lizenzen von anderen Verlagen, die nicht zu den Gesellschaftern gehörten, hinzu und die Produktion begann. Für die Gestaltung der Bücher war der Schweizer Grafiker Celestino Piatti verantwortlich, der ein einheitliches typografisches und grafisches Erscheinungsbild entwarf.
Gesellschafter des Verlagsvertrags waren der Artemis Verlag, C.H.Beck/Biederstein, die Deutsche Verlags-Anstalt, der Carl Hanser Verlag, der Hegner Verlag, der Insel Verlag, Kiepenheuer & Witsch, der Kösel-Verlag, der Nymphenburger Verlag, der Piper Verlag und der Walter Verlag. Auch Heinz Friedrich war Gesellschafter.
Aktuelle Gesellschafter sind:
- Ganske-Verlagsgruppe (40,5 %)
- Verlag C. H. Beck (21 % Gesellschafteranteil)
- Carl Hanser Verlag (21 %)
- Oetinger Taschenbuch GmbH (16,3 %)
- Die dtv GmbH selbst hält 1,2 % der Gesellschafteranteile
Ausgeschiedene Gesellschafter
- Artemis Verlag
- Deutsche Verlags-Anstalt
- Jakob Hegner Verlag
- Insel Verlag (zu Suhrkamp)
- Klett-Cotta
- Kiepenheuer & Witsch
- Kösel-Verlag
- LVM Lexikon Verlag München GmbH (zu Ganske)
- Nymphenburger Verlagshandlung
- Piper Verlag
- Walter Verlag
Der erste Titel, der 1961 erschien, war Heinrich Bölls "Irisches Tagebuch". Das Buch ist seither ununterbrochen die dtv-Nummer 1 bei der Verfügbarkeit. Weitere im Startjahr erschienene Titel waren Die Atombombe und die Zukunft des Menschen von Karl Jaspers sowie Nur für Leser von Friedrich Sieburg. Die Gestaltung der Bücher sorgte für Aufsehen, da Piatti die Buchdeckel der dtv-Bände in strahlendem Weiß präsentierte und ein individuelles Bild für den Titel verwendet wurde, während die Einbände der Taschenbücher anderer Verlage meist farbig gestaltet waren. Celestino Piatti gestaltete bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993 rund 6000 dtv-Buchcover.
Literatur
- 20 Jahre Deutscher Taschenbuch Verlag: 1961–1981. Eine Dokumentation. Redaktion: Michael Davidis, Hildegart Eichholz, Wolfram Göbel. dtv, München 1981, ISBN 3-423-99928-4 (enthält dtv-Gesamtverzeichnis 1961–1982 nach Nummern geordnet).
- 30 Jahre Deutscher Taschenbuch Verlag: 1961–1991. Daten, Bilder, Bücher. Redaktion: Werner Berthel und Michael Groth. dtv, München 1991, DNB 911344993.
- dtv 50 Jahre. Kleine Verlagsgeschichte. Redaktion: Susanne Krones und Fritz P. Steinle. dtv, München 2011, DNB 1049521099.
- Elisabeth Kampmann: Kanon und Verlag. Zur Kanonisierungspraxis des Deutschen Taschenbuch Verlags. Akademie, Berlin 2011, ISBN 978-3-05-005191-8.
- Daniela Völker: Deutscher Taschenbuch Verlag: dtv Taschenbücher (seit 1961). In: Das Buch für die Massen. Taschenbücher und ihre Verlage. Herausgegeben von Stefan Neuhaus, Tectum, Marburg 2014, ISBN 978-3-8288-3353-1, S. 240–250 (= Innsbrucker Studien zu Literatur und Film der Gegenwart. Band 9, Dissertation Universität Innsbruck 2013).
Weitere bekannte Verlage: