Der Ullstein Verlag ist ein deutsches Presse- und Verlagshaus, das 1877 von Leopold Ullstein in Berlin gegründet wurde. Von 1900 bis 1934 war er eines der größten Presse- und Verlagsunternehmen in Deutschland. Seit 2003 ist die Ullstein Buchverlage GmbH eine Tochtergesellschaft der schwedischen Bonnier-Gruppe.
Inhalt
Programm
Zu den Ullstein Buchverlagen gehören die Imprints Ullstein Taschenbuch, Ullstein Paperback, Ullstein Hardcover, ullstein extra, Allegria, Econ, List und Propyläen. Bei dem Romance-Imprint Forever baut der Verlag die zeitgemäßen Themenbereiche aus: Young- und New-Adult sowie Romantasy aus. Seit 2020 gehört auch der claassen Verlag, gegründet 1934, wieder zur Verlagsgruppe.
Bei den Ullstein Buchverlagen erscheinen u. a. Bücher von Marc-Uwe Kling, Robert Seethaler, Bov Bjerg, Lucy Fricke, und Christian Baron, daneben Klassiker wie Marlen Haushofer und Irmgard Keun .
Zu den internationalen Autoren zählen Teju Cole, Sally Rooney, Taylor Jenkins Reid, Joan Didion, Lauren Groff und Hanya Yanaghiara.
Die Spannungsliteratur spielt weiterhin eine wichtige Rolle im Programm und sit vertreten durch Chris Carter, John le Carré, Jo Nesbø, Nele Neuhaus sowie das Autorenduo Michael Kobr und Volker Klüpfel.
Das Sachbuchprogramm der letzten Jahre prägten Autoren wie Richard Dawkins, Markus Gabriel, Omri Boehm, Dirk Oschmann, Giulia Enders, Philippa Perry und Stephan Malinowski.
Geschichte
Im Jahr 1877 gründete der Papiergroßhändler Leopold Ullstein (1826 - 1899) den Ullstein Verlag als offene Handelsgesellschaft. Ullstein war liberal-demokratisch eingestellt, er kritisierte in den ersten Jahren öfter die Regierungspolitik. Er hatte kurz zuvor den Verlag und das Druckhaus des "Neuen Berliner Tageblatts" erworben. Da dieser Zeitung aber nur wenig finanzieller Erfolg beschieden war, stellte er sie bald ein und übernahm 1878 stattdessen die "Berliner Zeitung" (Gründung: 1977). 1904 wurde sie zur "B.Z. am Mittag" umstrukturiert.
1887 gründete Leopold Ullstein die "Berliner Abendpost", die die stillstehenden Druckmaschinen am Tag nutzen konnte und die Nachrichten der Berliner Zeitung am nächsten Tag in vielen Orten des Reiches verbreiten konnte. Beide Zeitungen erreichten bald eine Abonnentenzahl von über 100.000, was sich für die Anzeigen finanziell sehr positiv auswirkte.
Von da an begann er, ein Medienimperium aufzubauen. 1894 erwarb er die wöchentlich erscheinende "Berliner Illustrirte Zeitung" (1891 bis 1945), die mit Hilfe der damals neuen Technik, die einen umfangreichen Einsatz von Fotografien ermöglichte, zur erfolgreichsten illustrierten Zeitung in ganz Deutschland und schließlich zur ersten Massenzeitung des Landes wurde. Die "B.Z. am Mittag" (1904 bis 1943) wurde zum ersten Boulevardblatt in Deutschland.
Im Jahr 1903 gründeten die Gebrüder Ullstein den "Ullstein Buchverlag" in Berlin, der unter der verlegerischen Leitung von Emil Herz rasch zu einem der führenden deutschen Verlage aufstieg. Autoren wie Bertolt Brecht, Carl Zuckmayer, Lion Feuchtwanger, Ödön von Horváth, Heinrich Mann, Benno Reifenberg und Franz Blei veröffentlichten bei Ullstein. Zwei Bestseller der 1920er Jahre waren Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues (1928) und Vicky Baums Menschen im Hotel (1929).
Im Jahr 1914 übernahmen die Ullstein-Söhne die angesehene "Vossische Zeitung", eine liberale Zeitung, deren Geschichte bis ins Jahr 1617 zurückreicht. Eine weitere der wichtigsten Zeitungen jener Zeit, die fortschrittliche "Berliner Morgenpost" (gegründet 1898), begann, eine große Zahl von Abonnenten zu gewinnen.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs blieb das Ullstein-Imperium von den schlechten Zeiten unberührt und expandierte weiter. 1919 gründete das Unternehmen den Propyläen Verlag (vgl. Propylaea), eine Druckerei für Sachbücher, die sich auf Themen wie Geschichte, Kunstgeschichte und Klassiker der Literatur spezialisierteZwischen 1925 und 1927 baute der Ullstein Verlag das Ullsteinhaus (Nutzungsfläche: 80.000 m
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten änderte sich die Situation für die jüdische Familie Ullstein radikal. Nach Druck von zahlreichem NS-Führern - wie Hitler, Goebbels und Max Amann - und sogar von der Deutschen Bank wurde die Familie 1934 schließlich gezwungen, ihr Unternehmen an "Franz Eher Nachfolger", den wichtigsten Verlag der NSDAP, zu verkaufen. Der Verlag im Wert von 60 Millionen Mark wurde unter Zwang für 6 Millionen verkauft. Louis Ullstein starb bereits 1933, sein älterer Bruder Hans zwei Jahre später – beide in Berlin. Die übrigen drei Brüder retteten ihr Leben durch die Emigration.
1937 wurde das Unternehmen als Tochtergesellschaft von "Franz Eher Nachfolger" in "Deutscher Verlag" umbenannt und gab ab 1940 Zeitungen wie die "Deutsche Allgemeine Zeitung" oder "Das Reich" und die Propagandazeitschrift "Signal" heraus.
Nach dem Krieg wurde der Verlag an die Familie Ullstein zurückgegeben, geriet aber bald in finanzielle Schwierigkeiten. 1956 erwarb Axel Springer einen Anteil von 26 % und wurde 1960 Mehrheitsgesellschafter. Unter Springer wandelten sich die verbliebenen West-Berliner Zeitungen "Berliner Morgenpost" und "B.Z." in Richtung einer rechten Ausrichtung mit deutlich antikommunistischer Haltung.
Um sich neben den großen Verlagsgruppen Bertelsmann und Holtzbrinck als „dritte Kraft“ zu etablieren, übernahm die Axel Springer AG das Münchner „Verlagshaus Goethestraße“ und wurde 1998 zu 95 Prozent Mehrheitsgesellschafter der Verlagsgruppe „Econ & List“, mit den Buchverlagen Bucher, Econ, Claassen, List, Marion von Schröder und Südwest. Fünf Prozent blieben in der Hand der Münchener Verlagschefs Christian Strasser, der ab 1999 Geschäftsführer der neuen Verlagsgruppe wurde.
Anfang 2000 wurden die Zentrale der Buchgruppe sowie Teile des Ullstein Verlags nach München verlegt. 2001 übernahm man außerdem den Heyne Verlag in München, der – gemessen an der Auflage – alleine fast so groß war wie die ganze Econ Ullstein List-Gruppe zusammen. Die Gruppe wurde in "Ullstein Heyne List" umbenannt und vereinte nun 22 Verlage.
Der Ullstein-Buchverlag wurde 2003 an Random House (Bertelsmann) verkauft. Die Transaktion bedurfte der der Zustimmung des Bundeskartellamtes und wurde nur teilweise genehmigt. Die Verlage Heyne, Südwest und Diana wurden Teil von Random House, der Rest der Ullstein-Gruppe (Ullstein, Claassen, Econ, List, Marion von Schröder und Propyläen) wurde an die schwedische Bonnier-Gruppe weiterverkauft. Dieser Verkauf war eine der wichtigsten Transaktionen auf dem deutschen Verlagsmarkt seit 1945.
Weitere bekannte Verlage:
- Penguin Random House
- C. Bertelsmann
- Ullstein
- Kiepenheuer & Witsch
- Holtzbrinck
- Droemer Knaur
- Dumont
- Goldmann
- Rowohlt
Literatur
- W. Joachim Freyburg, Hans Wallenberg (Hrsg.): Hundert Jahre Ullstein. 4 Bände. Ullstein, Berlin 1977, ISBN 3-550-07371-2, ISBN 3-550-07372-0, ISBN 3-550-07373-9, ISBN 3-550-07374-7.
- Christian Ferber: Hundert Jahre Ullstein. 1877–1977. Ein Bilderbuch mit Randbemerkungen. Ullstein, Berlin 1977, ISBN 3-550-07375-5.
- David Oels, Ute Schneider: „Der ganze Verlag ist einfach eine Bonbonniere.“ Ullstein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 2015, ISBN 978-3-11-033708-2.
- Juliane Berndt: Die Restitution des Ullstein-Verlags (1945–1952). Remigration, Ränke, Rückgabe: Der steinige Weg einer Berliner Traditionsfirma. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 2020, ISBN 978-3-11-063050-3