Der Jugendroman Tschick (2010) stammt von Wolfgang Herrndorf und erschien erstmals im Rowohlt Verlag.
Er handelt von der unkonventionellen Freundschaft zwischen einem 14-jährigen Jungen aus der Mittelschicht und einem russischen Spätaussiedlerjungen. Der Roman wurde 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie dem Clemens-Brentano-Preis ausgezeichnet. Im Jahr 2012 wurde er außerdem mit dem Hans-Fallada-Preis ausgezeichnet. Es wurde in über 25 Ländern veröffentlicht und allein in Deutschland bis September 2016 über 2 Millionen Mal verkauft.
Handlung
Maik Klingenberg, 14, stammt aus einem wohlhabenden, aber dysfunktionalen Elternhaus in Marzahn, einem Stadtteil im Osten Berlins. In der Schule ist er ein Außenseiter, weshalb er zu Beginn der Sommerferien nicht zur Geburtstagsparty der Schönheitskönigin Tatjana Cosic eingeladen wird, in die er heimlich verknallt ist. Während er im Großen und Ganzen als langweilig gilt, ist eines der wenigen Male, in denen er in der Klasse auffällt, der Moment, in dem er im Deutschunterricht einen Aufsatz vorliest, in dem er mit auffallender, aber liebevoller Offenheit über seine alkoholkranke Mutter spricht. Die Lehrerin ist entsetzt, seine Mitschüler lachen ihn aus und nennen ihn fortan einen Verrückten.
Auch der neue Mitschüler Andrej Tschichatschow (kurz Tschick), ein unkommunikativer Spätaussiedler aus Russland, der manchmal offen betrunken im Unterricht auftaucht, ist ein Außenseiter und wird von Tatjanas Geburtstagsparty ausgeschlossen.
In der Hoffnung, doch noch eingeladen zu werden, malt Maik ein Bild von Beyoncé als Geschenk für Tatjana, denn das Mädchen liebt die Musik von Beyoncé. Doch der letzte Schultag vergeht, ohne dass etwas passiert. Dazu kommt, dass Maiks Mutter wieder in eine Reha-Klinik muss, während sein Vater die Zeit nutzen will, um mit seiner jungen Assistentin in den Urlaub zu fahren, wobei er Maik erzählt, es handele sich um eine Geschäftsreise. Es sieht ganz danach aus, dass Maik seine Sommerferien allein verbringen muss.
Plötzlich steht Tschick mit einem gestohlenen und heruntergekommenen hellblauen Lada Niva vor seiner Haustür. Tschick bittet Maik, mit ihm seinen Großvater in der Walachei zu besuchen. Obwohl keiner der beiden weiß, wo das ist, sagt Maik zögernd zu, und die beiden machen sich auf den Weg ins Ungewisse. Vorher schauen sie aber noch bei Tatjanas Geburtstagsparty vorbei, wo Maik, ermutigt von Tschick, seinem Schwarm das Geschenk überreicht. Dann fahren die Jungs los und lassen die verwirrten Gäste zurück.
Da sie keine Karte dabei haben, verirren sie sich bald im Wald und kommen in einem kleinen Dorf an. Eine Familie mit fünf Kindern und einer ausgesprochen konsumkritischen Mutter lädt sie zum Mittagessen ein, das streng biologisch ist und nur an diejenigen ausgegeben wird, die ein kurzes Quiz beantworten können, das sich hauptsächlich um Harry Potter dreht. Weiter unten auf der Straße, als sie auf einer Müllkippe einen Schlauch suchen, um Benzin für ihren Lada zu stehlen, treffen die Ausreißer auf die burschikose und smarte Isa Schmidt. Isa will nach Prag reisen, um ihre Halbschwester zu besuchen, und bietet den Jungs an, ihnen bei der Suche nach einem Schlauch zu helfen, wenn sie sie dafür ein Stück des Weges mitnehmen. Trotz ihrer unerträglichen Unsauberkeit und ihres Gestanks willigen die Jungs nur widerwillig ein.
Als sie an einem Stausee ankommen, werfen sie Isa ohne zu zögern ins Wasser, damit sie sich waschen und ihren Gestank loswerden kann. Sie wirft ihre alten Kleider weg, wäscht sich gründlich und zieht dann Maiks Kleider an. Maik darf ihr daraufhin die Haare ganz kurz schneiden und entdeckt nicht nur ihren wohlgeformten nackten Oberkörper, sondern auch, dass seine alte Liebe zu Tatjana allmählich zu verblassen beginnt. Am nächsten Morgen beschließen die drei, den nahe gelegenen Berg zu besteigen. Sie genießen die herrliche Natur und die romantische Atmosphäre auf dem Gipfel, ritzen ihre Initialen in ein Stück Holz und schwören sich, sich in genau 50 Jahren an diesem Ort wieder zu treffen.
Als sie den Berg hinabsteigen und ein Bus auf dem Parkplatz hält, denkt Isa, dass es besser wäre, mit dem Bus nach Prag zu fahren als mit dem alten Lada. Sie kommen am Krater eines riesigen Braunkohleabbaugebiets an und treffen auf den letzten verbliebenen Bewohner Horst Fricke, der offensichtlich senil ist. Nachdem er sie mit einem Luftgewehr begrüßt hat, lädt er sie zu einer Limonade ein und erzählt ihnen von seinen tragischen Verlusten (z.B. seiner Liebe) und traumatischen Erlebnissen im KZ und an der Ostfront. Als Abschiedsgeschenk drückt er ihnen ein geheimnisvolles Fläschchen mit einer übel riechenden, aber scheinbar lebensrettenden Flüssigkeit in die Hand, das Tschick jedoch ohne zu zögern aus dem Fenster des Lada wirft.
Als sie schließlich ihre Fahrt über kleinere Nebenstraßen fortsetzen können, entdecken sie plötzlich von der Spitze eines Hügels aus, dass sich direkt neben ihnen eine Autobahn befindet. Bei dem Versuch, die Autobahn zu erreichen, indem sie den Abhang hinunterfahren, überschlagen sie sich mehrfach und ihr Lada kommt mit den Rädern nach oben zum Stehen. Eine Logopädin, die zufällig mit ihrem 5er BMW vorbeifährt, versucht zu helfen und lässt dabei ihren Feuerlöscher auf den Fuß von Tschick fallen, der dadurch schwer verletzt wird. Sie bringt die beiden ins nächstgelegene Krankenhaus, wo Tschick das Bein eingegipst bekommt.
Vom Krankenhausfenster aus beobachten die beiden, wie ein Abschleppwagen ihren Lada, der direkt gegenüber des Krankenhauses auf einem Feld lag, wieder aufrichtet, stehen lässt und wegfährt. Wieder entschlossen zu fliehen, kämpfen sich die beiden zu ihrem ramponierten Auto durch. Da Tschick mit seinem eingegipsten Bein nicht mehr fahren kann, muss Maik das Steuer übernehmen. Tschick gibt ihm die wichtige technische Einweisung. Zugleich gesteht er seinem Freund, dass er schwul ist. Maik ist aber offensichtlich nicht dazu geneigt. Bald darauf endet ihre Fahrt mit einem gefährlichen Zusammenstoß, als der Fahrer eines Viehtransporters sie nicht überholen lassen will und sie erst ins Schleudern geraten, dann umkippen und schließlich seitlich auf der Straße liegen bleiben. Nach einer gründlichen Untersuchung auf der Polizeiwache kommt es zu einer Gerichtsverhandlung, in der Maik trotz der drohenden Ratschläge seines Vaters seine willige Beteiligung an der ganzen Angelegenheit zugibt. Tschick aber nimmt daraufhin alle Schuld auf sich. Maik muss gemeinnützige Arbeit leisten, und Tschick wird dazu verurteilt, in dem Heim zu bleiben, in das er nach ihrer Reise gebracht wurde.
Der Roman endet mit dem Beginn eines neuen Schuljahres und greift seine Anfangsmotive wieder auf:
- Die schöne Tatjana interessiert sich plötzlich für Maiks Abenteuer und sorgt dafür, dass seine Geschichte in der ganzen Klasse bekannt wird.
- Die verführerische Isa schreibt Maik einen Brief und will ihn bald in Berlin besuchen, um das geliehene Geld zurückzuzahlen und den verlorenen Kuss wiedergutzumachen.
- Maiks gewalttätiger Vater verlässt endlich die Familie.
- Tschicks vierwöchiges Kontaktverbot wird bald ablaufen und Maik darf ihn dann im Heim besuchen. Dass seine immer noch alkoholkranke Mutter, die gerade zu Hause ist, ihr gesamtes bürgerliches Hab und Gut im hauseigenen Schwimmbad versenkt, stört Maik überhaupt nicht; im Gegenteil, Mutter und Sohn "tauchen" gemeinsam ab, kauern auf dem Grund des Beckens, halten die Luft an, blicken nach oben und freuen sich über die beiden Polizisten, die von den Nachbarn alarmiert wurden und sich verdutzt über die blubbernde Wasseroberfläche beugen.
Weitere gute Bücher:
- Der alte Mann und das Meer
- Tschick
- Das Schicksal ist ein mieser Verräter
- Veronika beschließt zu Sterben
- Der Fremde